Josef Müller-Tschirky, Präsident von Gastro St. Gallen, nimmt Stellung zur Entwicklung in den ersten Tagen des Rauchverbotes im Kanton St. Gallen
Josef Müller-Tschirky im Wortlaut:Seit 2004 befasst sich der Branchenverband intensiv mit dem Thema Passivrauchschutz. Mit der Kampagne «rauchfrei geniessen», welche nach dem Kanton St. Gallen auch gesamtschweizerisch umgesetzt wurde, versuchte der Arbeitgeberverband mittels der freiwilligen Einführung von rauchfreien Restaurants, rauchfreien Räumen, rauchfreien Zeiten und der klaren Deklaration von Raucherbetrieben und Raucherräumen ein Gesetz zu verhindern. Der internationale Trend lief dagegen. Beim Erarbeiten des St. Galler Nachtrags zum Gesundheitsgesetz konnte Gastro St. Gallen aktiv mitarbeiten. Mit bedienten Fumoirs bis zu einem Drittel der Gastraumfläche und der Möglichkeit, kleine Betriebe als Raucherrestaurants bewilligen zu lassen, wurde im Februar eine relativ liberale Lösung des Passivrauchschutzes vom Kantonsrat ermöglicht. Damit könnte die Branche verträgliche Lösungen einführen.
Unvorbereitet und zum falschen Zeitpunkt eingeführt
Der Regierungsrat hat sehr kurzfristig die Einführung auf den 1. Oktober bestimmt, ohne vorher die Ausführungsbestimmungen, die Definitionen der Vollzugsmassnahmen zu definieren. Bei der Erarbeitung und Konkretisierung des Gesetzes und Definitionen konnte Gastro St. Gallen sich wieder einbringen und zur vernünftigen Handhabung beitragen. Zu diesen Massnahmen gehörten auch Ausbildungstage für die verantwortlichen Amtsinhaber der Gemeinden. Eine Einführung auf die warme Jahreszeit hin, hätte alles vereinfacht
Der Vollzug des Gesetzes, just einzuführen zum Zeitpunkt der Kommunalwahlen, war für die Gemeindebehörden alles andere als einfach. Wir können verstehen, dass bei so emotionalen und schwierigen Entscheidungen, das Vorgehen der einzelnen Gemeinden extrem unterschiedlich war. Viele Gemeinden haben das Gesetz sehr restriktiv umgesetzt und wenige Ausnahmebewilligungen erteilt, um möglichst wenig Ungerechtigkeiten zu bewirken. Andere Gemeinden haben es sich einfach gemacht und sich so aus der schweren Entscheidung «geschlichen», indem sie praktisch alle Gesuche bewilligt haben oder sogar die Einführung des kantonalen Gesetzes auf ihrem Gemeindegebiet auf einem späteren Zeitpunkt verlegt haben. Die Nichtraucher bleiben aus
Durch diese sehr unterschiedliche Handhabung sind in vielen Regionen extreme Ungleichbehandlungen entstanden. Dieser Umstand belastet nun unsere Branche und Betriebe aufs Äusserste; der «Rauchertourismus» hat eingesetzt und floriert. Bereits nach wenigen Tagen stellen wir fest, dass die von uns prognostizierten Umsatzverluste in den rauchfreien Restaurants eklatant hoch sind und der Befürwortern der Rauchverbote vorausgesagte Gästezuwachs aus Nichtraucherkreisen völlig ausgeblieben ist. Wir verstehen daher den grossen Unmut unserer Mitglieder und Gastgeber, welche durch diese Ungleichbehandlung benachteiligt sind. 1'300 Mitgliederbetriebe mit unterschiedlichen Konzepten
Dass die Auswirkungen des Rauchverbotes bei unsern Mitgliedern mit höchst unterschiedlichen Konzepten und Gästestrukturen auch sehr differenzierende Auswirkungen zeigt, überrascht uns nicht. Es ist daher unmöglich, als Verbandsführung allen Forderungen und Meinungen gerecht zu werden. Wir fordern die Behörden auf
Wir fordern pragmatische und vernünftige Beurteilungen der Gesuche und gute Lösungen für die Gesuch stellenden Betriebe. Es sind viele Arbeitsplätze und Existenzen in einem auch gesellschaftlich-sozialen wichtigen Bereich gefährdet. Lassen sie unsern Betrieben und den Gästen Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen, bevor sie rigoros zu büssen beginnen. Gegen Bussen für Gastgeber wehren wir uns
Wir Gastgeber wollen unsere Gäste nicht massregeln, noch die Kontrolleure sein und wehren uns dagegen, gebüsst zu werden. Wir werden uns vehement dagegen wehren, dass Gastwirte gebüsst werden, wenn es ihnen nicht gelingt, Gäste, welche sich über das Rauchverbot hinwegsetzen, zum Aufhören zu bewegen. Es kann nicht sein, das Gastgeber dafür gebüsst werden, dass sie Ihre Kunden und Gäste nicht auf die Strasse schicken und damit den eigenen Umsatz und das Auskommen verhindern sollen. Nun stören andere Geschmäcke
Andererseits amusieren wir uns, dass nun die gleichen Kreise, welche sich über den Rauchgeschmack aufgeregt haben, sich nun über andere, nicht mehr überdeckte Gerüche aufregen. Wir sind gespannt, wann der nächste Gesundheitsfanatiker herausfindet, dass parfümierte Luft schädlich sein soll...... Wir rufen die Behörden, die Gäste und auch die Nachbarn unserer Betriebe zu Toleranz und Vernunft auf; sehr viele Menschen in unserer Branche sind darauf angewiesen.
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